Annika Bande ist theoretische Chemikerin mit Abschluss an der RWTH Aachen. Nach Postdoc-Aufenthalten an der CU Boulder (USA), dem Quantum Chemistry Research Institute (Kyoto, Japan) und der Universität Heidelberg wurde sie von 2014 bis 2023 Gruppenleiterin am Helmholtz-Zentrum Berlin und Lehrbeauftragte an der Freien Universität Berlin. Während dieser Zeit erhielt sie ein von der Volkswagenstiftung finanziertes Freigeist-Stipendium und habilitierte sich im Jahr 2020.
Bandes Hauptforschungsinteresse gilt dem Ort, der Anregung und der Bewegung von Elektronen in Molekülen und Nanostrukturen. Sie hat ein breites Methodenportfolio aufgebaut, das von der Quanten-Monte-Carlo-Methode über „konventionelle" Methoden der elektronischen Struktur und Dynamik bis hin zu maschinellem Lernen und Quantencomputersimulationen reicht.
„Ich finde es faszinierend, dass man die Funktionsweise von optischen Materialien, ja sogar von fast allen chemischen und biologischen Prozessen, intuitiv verstehen kann, wenn man sich die Aktivität der Elektronen anschaut“, sagt Bande. Elektronen können zwar experimentell visualisiert werden. „Aufgrund ihrer Quanteneigenschaften kann ein komplettes Bild allerdings nur mit komplementären theoretischen Verfahren gewonnen werden“, so Bande weiter. „Änderungen in der elektronischen Struktur eines Materials kann immense Auswirkung auf sein makroskopisches Verhalten haben. In PhoenixD werden mehrskalige Simulationen optischer Materialien mit den entsprechende Experten-Teams durchgeführt.“
Mit ihrer Gruppe „Optische Materialien: Rechnergestützte Methoden“ berechnet sie, wie Moleküle, Nanoteilchen oder Festkörper mit Licht wechselwirken. Mit energiearmem Licht werden die „Fingerabdrücke“ der Substanzen genommen, d.h. die Spektren, anhand derer ihre Struktur charakterisiert und der Aufbau von Materie verstanden werden kann. Mit starkem (Laser)licht werden die Elektronen zu Bewegung angeregt, die sogar chemische Reaktionen auslösen kann (Fotokatakyse). Quantenchemische Methoden, maschinelles Lernen oder Quantencomputing sind für entsprechende Rechnungen nutzbar.
Ihre Entscheidung für einen naturwissenschaftlichen Beruf führt sie auf ihre Gymnasialzeit an einer Mädchenschule in Duisburg zurück. „Dort existierten in einer entscheidenden Lebensphase keine gesellschaftlich geprägten Stereotype, die ein unterbewusstes Rollenverhalten nahelegten“, sagt Bande. „Somit kann ich diese Stereotype in der Arbeit selbst in der Männerdominierten theoretischen Chemie und Physik ganz gut ausblenden und mich auf die Inhalte konzentrieren.“ Junge Forschende möchte sie ermutigen, ihre wissenschaftlichen Karrierewünsche nicht vorschnell aufzugeben, zum Beispiel aufgrund einer (geplanten) Familiengründung. Vielmehr möchte sie ihnen zeigen, dass sich eine akademische Karriere sehr wohl mit Hobbies und Familienleben kombinieren lassen. „Eine Karriere in der Wissenschaft ist immer anstrengend“, sagt Bande. „Ohne Freizeitausgleich und ohne ein menschliches Miteinander in einer familiären Gemeinschaft würde man sich nur verzehren.“